Hashtag bitte nicht vergessen

Wisst ihr, welcher Tag heute ist? Also nicht der Wochentag oder welches Datum. Sondern welcher Tag. Es gibt ja für jedes Thema, jeden Furz, einen speziellen Tag. Allein im April gibt’s den Internationaler Kissenschlacht-Tag, Welt-Parkinson-Tag oder den National-High-Five-Tag in den USA. Das ist für Social-Media-Menschen super. Keine Idee für eigenen Content, für „richtige“ Inhalte? Kein Problem. Einfach eine komplett austauschbare Grafik basteln, auf der der Tag zelebriert und mit schwammig-mitfühlenden Worten darauf verwiesen und erklärt wird, warum der Tag heute so wichtig ist. Denn natürlich gibt’s neben dem Tag der Rosine, dem Rettet-die-Frösche-Tag oder dem Internationalen Tag des Nasebohrens (ich wünschte, ich würde mir die alle ausdenken …), immer wieder ernsthafte „Feiertage“.

An denen auf Krankheiten, Behinderungen, gesellschaftliche Probleme hingewiesen wird. Awareness-Tage halt. Das klingt doch super. Sehr seriös. Das kommt gut an in den entsprechenden Bubbles, jetzt nur nicht die passenden Hashtags vergessen, das wäre sonst blöd, wenn’s ja keiner mitkriegt und keiner liket und retweetet und teilt und bla. Denn darum geht es ja. Darin wird Awareness gemessen. Nicht in tatsächlicher Auseinandersetzung mit einem Thema. Sondern in Likes & Co.

Lässt sich auch in der nächsten Social-Media-Quartals Auswertung bei der Geschäftsführung viel eindeutiger darstellen – und so entscheiden, ob es sich lohnt [sic!], nächstes Jahr nochmal so einen Post zu machen.

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Ich

Das bin ich. Ganz ohne Beautyfilter, Make-Up und genügend Schlaf.

Ich bin jetzt Vierzig.

Ich habe Hemmungen das zu sagen und zugleich finde ich es albern, dass ich diese Hemmungen habe.

Ich schneide mir alle ein bis zwei Jahre selbst einen Pony.

Ich bereue es jedes Mal.

Ich mag meinen Körper nicht sonderlich und finde mich zu fett.

Ich mochte meinen Körper schon nicht, als ich eindeutig gar nicht fett war und versuche mich häufiger zu hinterfragen, ob das tatsächlich ich selbst bin, die etwas schön oder hässlich findet.

Ich schaue zu viel fern und hänge zu viel am Handy.

Ich esse zu ungesund, hasse kochen und mag leere Kohlehydrate.

Ich nehme aber Vitamine, weil ich denke, dass ich so meinen Körper austricksen kann.

Ich mag meine Hunde lieber als die meisten Menschen.

Ich habe einen Sohn, für den ich verantwortlich bin, während ich mit der Verantwortung für mich selbst schon oft überfordert bin.

Ich bin neurodivergent.

Ich bin lustig.

Ich bin depressiv.

Ich wurde als Kind misshandelt und missbraucht.

Ich bin als Schülerin komplett durchs System gerutscht und es ist vermutlich purer Zufall, dass ich nie Drogen genommen habe.

Ich finde, der Joint in Israel zählt nicht.

Ich bin sitzengeblieben.

Ich habe meinen Magisterabschluss mit 1,6 bestanden.

Ich bin unfassbar stolz auf diesen Abschluss nach all dem Scheiss, den ich in der Schule durchgemacht habe.

Ich habe versucht, mich umzubringen.

Ich habe Angst zu sterben.

Ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und eine große Klappe, was sich als Kombination häufig als nicht so gut für mich erwiesen hat.

Ich bin stoisch.

Ich bin emotional.

Ich fluche zu viel.

Ich bin zu laut.

Ich mache Witze über Dinge, die mich belasten, weil ich gelernt habe, dass Menschen häufig nicht mit belastenden Dingen umgehen können bzw. mit mir.

Ich habe fast immer einen Kopfhörer im Ohr.

Ich mag klassische Musik.

Ich kenne kein einziges Lied von Harry Styles.

Ich hab zu oft Migräne.

Ich mache zu selten Yoga.

Ich meditiere zu selten.

Ich mache viele Dinge, die mir eindeutig gut täten, zu selten.

Ich wäre gerne jemand anders.

Ich wäre gerne woanders.

Das bin ich.

All das. Und noch mehr.