Jahresrückblick 2024

Soweit ich weiß, schreibt oder macht oder veröffentlicht man Jahresrückblicke normalerweise, bevor das neue Jahr anfängt. Was eigentlich unsinnig ist, denn was ist, wenn in den letzten Tagen und Stunden des verbleibenden Jahres noch irgendwas Bahnbrechendes, Spektakuläres, Erwähnenswertes passiert? Etwas, was auf jeden Fall in so einen Jahresrückblick gehören müsste?

Ich glaube, das wird meine offizielle Begründung sein, warum ich erst jetzt auf 2024 zurückschaue. Weil die Wahrscheinlichkeit, dass in meinem Leben jede Sekunde – eben auch in der allerletzten – etwas Bahnbrechendes passieren könnte, einfach so fulminant groß ist.

Um ehrlich zu sein, habe ich mir im Vorfeld mehr Gedanken um den Zeitpunkt eines Jahresrückblicks gemacht, als darüber, was genau darin stehen soll. Aber da ich die Tastatur ja schon angeschmissen habe, mache ich den Wumms jetzt zu Ende …

2024

  • Ich habe 2024 endlich das Stadium in meinem Leben erreicht, indem ich mir keine abnormale Mühe mehr gebe, wenn es darum geht zu Schulfesten etc. irgendwas beisteuern zu müssen. Keine nächtlich ermüdenden Back-Aktionen mehr oder der verzweifelte Versuch, drei Sorten Frikadellchen zu braten (die richtigen, ohne Schwein, komplett vegan).
  • 2024 hat meine Lieblingskollegin die Stelle gewechselt – und gegen meine persönliche Erwartung habe ich überlebt. Der Umstand, dass ich sie seither mit ellenlangen Sprachnachrichten bombardiere, hat dabei eventuell geholfen.
  • Der Antichrist reifte im vergangenen Jahr in seine Teenagerzeit hinein. Wie ein Käse, der langsam im Dunkeln vor sich hinreift und Flaum an vorher unbefleckten Orten ansetzt, hockt auch er nun im nur spärlich vom Flackern seines Bildschirms beleuchteten Zimmers . Abends, in der Regel, wenn ich gerade dabei bin, ins Bett gehen zu wollen, weil ich alt bin und meinen Schlaf brauche, kommt er heraus wie ein Parmesan, der gerade entdeckt hat, dass er Beine hat und diesen Ort der selbst gewählten Einsamkeit durchaus verlassen kann, und fragt, was es zum Abendessen gibt. Je nach Uhrzeit ist meine Antwort ‘Mach dir selber ein Brot’ oder ‘Medien-Sperrzeit!’. Ich freue mich wie ein junger Gouda auf das nun mir liegende Jahr und all die weiteren Entwicklungen, die mein kleiner Parmareggio nun durchmachen wird.
  • Ich habe im Laufe von 2024 wieder angefangen zu maskieren. Es pasierte schleichend, ohne, dass ich es merkte. Die überraschende Erkenntnis darüber war schmerzhaft, denn ich hatte nach der Diagnose vor einigen Jahren gebraucht, um diese vielen Zwiebelschalen, die man sich seit der Kindheit so übergeworfen hat, wieder abzusteifen. Es hat so lange gedauert, bis man endlich das Gefühl hatte, sein eigenes Selbst wieder zu sehen, zu spüren, sich selbst denken zu hören, dass es schlicht traurig ist, wie schnell man in alte Gewohnheiten fallen kann.
  • Ich habe im letzten Jahr weniger gekocht als zuvor, was ich bereue. Ich habe mich weniger bewegt, was ich ebenfalls bereue. Ich habe mehrere Bücher angefangen, aber keines zu Ende gelesen. Reue. Schreiben, Zeichnen – Es gibt einiges, was ich 2024 zu selten gemacht habe. Da aber Reue nur selten konstruktiv ist, lasse ich sie zusammen mit den ungekochten Gerichten, den nicht absolvierten Sporteinheiten und den ungelesenen Büchern in 2024 zurück.
  • Ich habe erkannt, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur weiterhin einfach nur eine drollige Idee ist, sondern sie auch etwas ist, was per se nicht erreicht werden kann. Zumindest, solange der Tag 24 Stunden hat und man von diesen etwa ein Drittel mit 4-5 Tiefschlafphasen verbringen muss, weil das eigene Gehirn und damit auch zwangsläufig der restliche Körper in sich kollabiert wie ein besoffener Stern.
  • Generell habe ich unfassbar viele Stunden des vergangenen Jahres mit Dingen verbracht, die eine Erwähnung in einem Jahresrückblick nicht wert sind. Stunden und Lebenszeit, die unwiderbringlich fort sind. Dinge, die rückblickend betrachtet lieber durch andere ersetzt worden wären. Und auch wenn ich mir für 2025 keine wirklichen Vorsätze vorgenommen habe – schließlich ist das kritische Betrachten meines Lebens und Daseins ohnehin eine Konstante in meinem Leben und die Liste der Sachen, die ab morgen alles anders werden müssen, wird jeden Abend aktualisiert -, so nehme ich mir nachträglich vielleicht doch noch dieses eine für 2025 vor: Mehr Dinge machen, auf die man gerne zurückblickt.

One thought on “Jahresrückblick 2024

  1. Ja, ich lese diesen Blog noch und ich sage DANKE.
    Hoffentlich wird 2025 besser für dich als 2024.
    ABER nicht so gut, dass dir der Stoff für diesen Blog ausgeht.

    Frohes Neues ;)

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